Handpressendrucke von alten Lithographiesteinen
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Der Steindruck,

auch Lithographie genannt, wurde 1798 von Alois Senefelder in München erfunden. Im Gegensatz zu den bis dahin bekannten Druckprinzipien Hochdruck (z.B. Holzschnitt ) und Tiefdruck ( z.B. Kupferstich ) beruht er nicht auf einem Relief, um druckende und nichtdruckende Partien zu trennen, sondern auf dem Gegensatz von Fett und Wasser:

Wird eine saugfähige Oberfläche mit fetthaltigem Zeichenmaterial ( spezielle Tusche, Kreide u.a.m.) bezeichnet, mit Wasser angefeuchtet und mit fetter Druckfarbe eingewalzt, so kann diese nur an den bezeichneten, fetten Stellen haften, an den angefeuchteten wird sie abgestoßen.

Als einziges geeignetes Material für die Druckform erwies sich der Solnhofener Plattenkalk aus dem Altmühltal im mittelfränkisch-bayrischen Grenzgebiet.

Größter Vorteil des neuen Verfahrens war, neben höheren und  billigeren Auflagen, die leichtere und schnellere Herstellung der Druckform, die nur gezeichnet und nicht mehr gestochen oder geschnitten werden musste.

Die weitere Entwicklung zeigte, daß die Erfindung  Senefelders für die Verbreitung von Bildern dasselbe bedeutet wie die Gutenbergs für die Verbreitung von Texten.

Soweit in aller Kürze.

Die Lithographie und ihre Auswirkungen  in technischer, künstlerischer und mediengeschichtlicher Hinsicht

Versuch der verständlichen Darstellung eines komplexen Themas, im Angesicht einer Vielzahl von Texten, die größtenteils unklar, unvollständig , falsch oder alles zusammen sind.

Dies beginnt schon mit der Begrifflichkeit :

Lithographie, von  griech. lithos (Stein) und  graphein ( zeichnen o. schreiben ) bezeichnet eigentlich die vom Lithographen gezeichnete Druckform. Wird diese Druckform auf Papier abgedruckt, ergibt dies einen  Steindruck – der heute allgemein Lithographie genannt wird.

Ausgeführt wird dies vom Steindrucker, nicht vom Lithographen, obwohl beide natürlich identisch sein können und – vor allem in der Frühzeit und im künstlerischen Bereich –  es gelegentlich auch waren bzw. sind.

Lithograph im engeren Sinne war ein künstlerischer Beruf mit der Aufgabe, fremde oder eigene Entwürfe auf  Stein druckbar umzusetzen .Im weiteren Sinne ist auch jeder Künstler, der auf Stein arbeitet, ein Lithograph.

Der Steindrucker präpariert den Stein , d.h., er macht ihn erst druckfähig( s.u.) und erledigt die Probe- und Auflagendrucke. Auch schleift er den Stein nach dem Druck wieder ab, damit er ein neues Motiv aufnehmen kann.

 Dieser eher handwerkliche Beruf  benötigt viel Erfahrung mit Steinen und deren Behandlung, Pressen, Papier etc, dazu künstlerisches Einfühlungsvermögen und vollkommenen Farbensinn, um mit den Lithographen und/oder Künstlern zusammenarbeiten zu können.

Technik

Daß und wie der Flachdruck tatsächlich funktioniert, kann sich kaum jemand vorstellen, der nur auf eine Beschreibung angewiesen ist. Die mechanischen, auf einem Relief beruhenden Verfahren Hoch- und Tiefdruck erscheinen durchaus verständlich. Flachdruck dagegen muß man gesehen haben,  wie die Vorführungen des Autors immer wieder zeigen. Auch der Versuch, den alchimistisch erscheinenden Prozeß des Präparierens zu beschreiben, scheitert meist kläglich , so daß er mehr Verwirrung stiftet als Aufklärung.

Trotzdem & der Vollständigkeit halber :

Werdegang des Steindrucks allgemein 

Der Solnhofener Plattenkalk, der weltweit einzige verwendbare Stein, zeichnet sich durch eine besondere Kombination von Eigenschaften aus: Die zum Druck verwendbaren Qualitäten sind mikroporös, völlig homogen, hart , druckfest und chemisch angreifbar.

Zuerst wird der Stein geschliffen, um die alte Zeichnung vollständig zu entfernen. Dabei werden etwa 1/10 bis 2/10 mm abgetragen. Die Oberfläche wird meist nicht ganz glatt geschliffen; vor allem für Kreidelithographie ist eine gewisse Rauheit , das Korn notwendig.

Nun kann die Lithographie mit speziellem, fetthaltigem Zeichenmaterial auf den Stein gebracht werden. Hauptmittel sind lithographische Kreide oder Tusche, es gibt aber noch eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten, auf die aber weiter unten noch näher eingegangen wird.

Korrekturen sind sehr einfach durchführbar mittels verschiedenen Schabern, Schleifpapier etc., die behandelten Stellen können auch wieder überzeichnet werden.

Nun kommt der „alchemistische“ Teil: Die Präparation

Der lithographierte Stein kann so noch nicht gedruckt werden - das Fett des Zeichenmaterials ist zwar in die Poren des Steins eingedrungen und wird  später die Druckfarbe annehmen. Das Problem sind die Stellen dazwischen, die im Druck weiß bleiben sollen.

Sie würden, auch gefeuchtet, sehr schnell die Druckfarbe annehmen, auch würde sich das Fett durch den Pressendruck langsam ausbreiten- Ergebnis wäre eine schwarze Fläche.

D.h., es ist eine Art Fixierung notwendig, damit die Lithographie so bleibt bzw. wird, wie sie soll. Das Mittel dazu ist Gummi arabicum, ein wasserlösliches Harz tropischer Akazien. ( Es hat nichts mit dem landläufigen Begriff „Gummi“ zu tun.)

Bei der Präparation wird dieses Gummi arabicum in den noch offenen Poren des Steines verankert und verhindert, daß der Stein da Farbe annimmt, wo er nicht soll.

Dies ist, sehr stark vereinfacht, das Geheimnis der Präparation- der ganze Prozeß ist leider wesentlich komplizierter. Er läuft nicht standardisiert ab, sondern muß dem verwendeten Zeichenmaterial, dem Charakter der Lithographie, dem Stein, der Druckfarbe u.v.m. angepasst werden .Dazu findet der entscheidende Teil weitgehend  im Verborgenen  statt.

Zu seiner Beherrschung ist sehr viel Erfahrung notwendig, die nicht in einem Wochenendkurs erlangt werden kann.

Zum Druck in der Handpresse wird der Stein mit Wasser gefeuchtet, mit spezieller Druckfarbe eingewalzt und dann das Druckpapier aufgelegt. Der Druck selbst erfolgt nicht mit einer Walze, sondern mit einem Reiber, einem dachförmig gehobelten Hartholzlineal, das mit gefettetem  Leder bespannt ist . Stein, Papier und eine ebenfalls gefettete Decklage, meist aus Plexiglas, liegen auf einem Karren, der Reiber wird unter hohem Druck darauf gepresst und das ganze unter dem Reiber durchgezogen- sozusagen mit angezogener Handbremse.

Je differenzierter die Lithographie, desto weniger Druckfarbe und desto stärker wird der Druck genommen .Die Papierfläche, die der Reiber überfahren hat, der Reiber- spiegel, wird stark geglättet - ein Erkennungsmerkmal für Handpressen- Steindruck. Ist der Reiber breiter als der Stein, prägen sich auch die Steinkanten ins Papier, ähnlich dem Plattenrand im Tiefdruck. Dies wird aber meistens vermieden , weil es den Reiber und die Decklage beschädigt.

Seit 1870 gibt es funktionierende Schnellpressen, Druckmaschinen, die den Stein automatisch feuchten, einwalzen und mittels eines Zylinders abdrucken. Durch den Einsatz des Zylinders statt des Reibers ist die Druckqualität zwar etwas geringer als mit der Handpresse, der Ausstoß dagegen 10- bis 15-mal höher.

Um die vor allem bei großen Formaten  doch recht unhandlichen und sehr teuren Steine zu ersetzen, experimentierte schon Senefelder mit aufgerauhten Metallplatten. Aber erst um 1900 gelang der einigermaßen befriedigende direkte Flachdruck von Zinkblechen. Die Bleche hatten vor allem den Vorteil, daß man sie auf einen Zylinder wickeln und so die Druckgeschwindigkeit erheblich steigern konnte.

Kurze Zeit später, 1905, wurde der indirekte Flachdruck, der Offsetdruck erfunden. Hier wird die Druckfarbe erst auf einen mit einem Gummituch bespannten Zylinder und dann von diesem auf das Papier übertragen. Durch den Gummizylinder wird u. a. die Druckform geschont und der Einsatz von rauhem, vor allem billigen Papier möglich.

Der Offsetdruck ist heute das Hauptdruckverfahren, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Verpackungen, Kataloge u.v.m. werden industriell in riesigen Auflagen hergestellt.

Begonnen hat dies alles  aber mit schweren Steinplatten und der Idee Senefelders, seine Theaterstücke selbst drucken zu wollen.

Soweit die technische Seite.

Die Anwendung des Verfahrens lässt sich unter zwei Gesichtspunkten betrachten:

Lithographie als künstlerisches Medium einerseits und als reproduktives, massenwirksames Medium andererseits. Auch hier, wie bei den anderen druckgraphischen Techniken gilt es , das eine vom anderen sorgfältig zu unterscheiden, was u.a. in der Kunstwissenschaft leider nicht immer geschieht und zu vielerlei Missverständnissen führt.

 

 

Weiter

Edition Ulrich | edition.ulrich@gmx.de